Historie :
( Text: Helmuth Wieck, Gemeinnütziger Verein zu Travemünde e.v., anläßlich des 30. Jubiläums)
Der jetzige Standort des Travemünder MARITIM war bis Baubeginn heiß umstritten und teilte die Bevölkerung beinahe in zwei sich heftig bekämpfende Lager. War für die eine Partei der notwendige Abriß alter Gebäude und der Verlust des mit Eichen und Buchen bewaldeten Friedrichs-Haines ein nicht mehr gut zumachender Eingriff in historisch gewachsene Kulturlandschaft, so betonte die Gegenpartei die unbedingte Notwendigkeit einer modernen Hotelanlage in zentraler Lage mit Schwimmbad, Sauna etc. in Travemünde, wenn es nicht den Anschluß an die anderen Badeorte an Ost- und Nordsee ganz verlieren wollte. Ausschlaggebend war schließlich die Bereitschaft der noch jungen Hotelgesellschaft, das „Freizeit- und Erholungszentrum Hotel MARITIM“ mit einem auch für die Öffentlichkeit zugänglichem Meerwasserschwimmbad zu versehen, was viele Travemünder mit dem „häßlichen Wolkenkratzer“ versöhnte.
Das Travemünder Strandhotel war der vierte Neubau der damals noch wenig bekannten Gesellschaft, die in Bad Salzuflen zu Hause ist. Der schon verstorbene Hans-Joachim Gomolla hatte den Mut, mit modernen Häusern eine neue Hotelkette aufzubauen, die neben der Übernachtung auch viele Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten anbietet. Heute würde man auf gut deutsch „Wellness“ dazu sagen. Zur Zeit kann man im In- und auch im Ausland in 40 Hotels seine Erholung finden, davon viele in bekannten Kur- und Badeorten.
Die Vorarbeiten auf der Baustelle zum Travemünder MARITIM begannen im Juli 1971 unter der Leitung des MARITIM-Oberbauleiters Bauingenieur Peter Neurode, der später vom Architekten Wilfried Bernert abgelöst wurde. Wegen des teilweise aus Schwemmsand bestehenden Bodens mußte der Baugrund bis auf 59 m Tiefe untersucht werden. Dann begann der Abriß des 1959 zum Kurmittelhaus umgebauten aus dem 19. Jahrhundert stammenden Hansahotels. Viele bekannte Personen aus Kultur und Politik hatten hier ihr Quartier bezogen, z. B. auch der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer. Auch etliche andere schöne alte Häuser fielen der Abrißbirne zum Opfer, so auch das sehenswerte kleine Hotel Villa Augusta. Nur die Familie Klatt hat es fertig gebracht, ihr Haus Strandpromenade 2 vor der Zerstörung zu retten. Es steht heute sozusagen als Denkmal an frühere Zeiten des Seebades am Fuße des Hotel- und Appartementhochhauses. Gleichzeitig begannen die Rodungsarbeiten auf dem schon erwähnten Friedrichs-Hain und die Planierung des alten Hockeyplatzes und des Luftschutz-Unterstandes aus dem letzten Krieg.
Nachdem die umfangreichen Arbeiten an den Versorgungssystemen, wie Be- und Entwässerung, Strom, Gas, Telefonanlagen, Feuerschutz usw. abgeschlossen waren, konnte der Bau auf der ganzen Linie in Angriff genommen werden, dazu gehörten Garagensockel, Hotel Hochhaus, Kongreßzentrum, Restauration, Meeresbrandungsbad, geheiztes Außenbecken und der Kurmittelbereich mit Sauna, Ladenzeilen usw.
Bau des MARITIM Strandhotel Travemünde
Am 1. Februar 1972 wurde mit den Arbeiten im untersten Geschoß des Hochhauses auf der meterdicken Fundamentplatte aus Stahlbeton begonnen. Die Rohbauarbeiten für das Gebäude und den umliegenden Basistrakt wurden der A.G. Hochtief, Niederlassung Hamburg übertragen. Als Sub-Unternehmer unter der Leitung von Hochtief übernahm die rumänische Firma Acrom, ein Unternehmen für Bau- und Montagearbeiten, die handwerklichen Leistungen. 140 Facharbeitskräfte wurden auf die vier Arbeitstrakte verteilt, 110 Handwerker ermöglichten die parallele Fertigstellung der Basisgeschosse des Baubereiches Hotel- und Kongreßzentrurn und ca. 70 Arbeitskräfte waren im Bäderteil beschäftigt. Die Rumänen wohnten in eigens für sie erstellten Wohneinrichtungen, wo sie unter ziemlich strenger Aufsicht ihre karge Freizeit verbrachten.
Die vorgenommenen Arbeitstrakte für die Erstellung der einzelnen Wohngeschosse entstanden in folgenden Abschnitten: Als erste Phase wuchs der Kern in einem Vorlauf von fünf Geschossen in Zusammenarbeit mit der Firma Hub- und Gleitbau aus Hamburg im so genannten Gleitverfahren. Als zweite Phase begann daraufhin der Schottenbau des ersten Abschnittes. Vorgefertigte Groß-Schalelemente wurden zur Erstellung der Schottenwände aufgestellt, bewehrt und betoniert. Durch ein zeitlich genau abgestimmtes Kranspiel gingen die Arbeiten termingerecht vonstatten.
Die gewaltigen Baukräne prägten lange Zeit die Silhouette von Travemünde. Interessierte Beobachter der Bauarbeiten haben sich oft gefragt, wie denn die beiden Hochhauskräne in den Aufzugsschächten des Kernes empor kletterten. Das geschah im so genannten Hampelmann-Verfahren auf Kletterleitern, die durch Trägerroste im Schacht abgestützt wurden. Alle vier Tage wurde ein Geschoß rohbaumäßig fertig gestellt. Allein für die Hochhausgeschosse wurden etwa 30.000 cbm Beton und 3.000 t Stahl verarbeitet. Anschließend wurden Wandscheiben und Decken eingesetzt, und nachdem auch die Brüstungselemente, die Balkon-Trennschotten und die Fenster eingebaut waren, war das MARITIM für den Betrachter schon fast komplett. Im Winter 1972 waren die Fenster bereits verglast und die Innenarbeiten hatten begonnen. Nun begannen Maler, Tischler, Elektriker, Heizungsmonteure und viele andere Handwerker mit der Innenausstattung, deren Beschreibung ich mir aber ersparen kann, denn sie ist heute noch, wenn auch schon viele Male renoviert, zu besichtigen.
Das Hochhaus, also das Hotelgebäude, hat eine Grundfläche von 25,8 m mal 63,0 m, also rund 1625 qm. Darauf errichtet sind drei Garagengeschosse, ein Erdgeschoß, das untere Technikgeschoß, zweiunddreißig Wohngeschosse, das zweite Technikgeschoß, die Restaurationsetage, das Leuchtfeuergeschoß und das dritte Technikgeschoß. Im Gebäudekern sind die Hauptversorgungsschächte, zehn Aufzüge und zwei Sicherheitstreppenhäuser untergebracht. Um diesen Mittelteil gruppieren sich je Geschoß 24 Wohneinheiten. Das Hotel befindet sich im 4. bis 13. Stock. Die Wohnungen vom 14. bis 32. Geschoß wurden als Appartements im freien Handel angeboten und verkauft. Sie gingen weg wie „Warme Semmeln“.
Das Hotel verfügt über 211 Zimmer und Suiten mit Balkon und freier Sicht in alle Himmelsrichtungen.
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